Teilzeit arbeiten, Vollzeit leben: Mein Weg in Neuseeland

Gastbeitrag von Manu

Manchmal ist es nicht ein Ereignis, sondern eine Reihe leiser Beben, die das Leben in Bewegung bringen.

Mein Teilzeitjob begann nach dem Erdbeben in Christchurch. Jahre später lebte ich plötzlich allein. Und irgendwann zog ich in einen kleinen Van – nicht weil ich musste, sondern weil ich wollte. Ich arbeitete drei Tage pro Woche, lebte auf vier Quadratmetern – und entdeckte auf einmal das große Ganze.

Hier teile ich meine Erfahrung: Wie es ist, mit 20 Stunden Einkommen durchs Leben zu reisen. Und wie es sich anfühlt, wenn Reduktion nicht Verlust bedeutet – sondern Freiheit.

Lass dich von Johanna inspirieren: Warum Work and Travel?

Als das Leben sich veränderte: Warum ich etwas Neues brauchte

Es war kein einzelner Moment, kein lautes Ereignis. Es war vielmehr ein inneres Wachsen, das irgendwann nicht mehr zu übersehen war. Erkenntnisse, die leise kamen, aber unaufhaltsam. Und am Ende stand eine Entscheidung, die nicht leicht war – aber richtig.

Nach fast zwanzig Jahren Ehe ging ich. Nicht im Streit, sondern im Verstehen. Meine Söhne wollten nicht zwischen zwei Häusern pendeln. Und in dieser Klarheit erkannte ich: Ich brauche auch keins. Kein neues Dach über dem Kopf. Sondern Raum. Bewegung. Und ein Leben, das sich leichter anfühlt – nicht nur außen, sondern auch innen.

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In einem kleinen Van unterwegs – mein mobiles Zuhause

Wenn ich kein Haus brauche – kann ich dann im Auto schlafen? Der Gedanke kam zuerst pragmatisch. Doch mein Auto war zu klein, und ohne Self-Containment-Zertifikat hätte ich ohnehin kaum legal übernachten dürfen. Also begann ich zu suchen.

Ich suchte keinen Camper mit Luxus. Nur etwas, das warm war. Einfach. Echt. Und ich fand ihn: einen kleinen Van, liebevoll mit Holz ausgekleidet, mit Stauraum, Matratze – und sogar einem Kanu auf dem Dach.

Wie finanziere ich Work and Travel? Johannas Artikel dazu.

Mit dem Van durch Neuseeland
Mein erster Van – klein, warm und genau richtig für den Anfang

Als ich zum ersten Mal darin saß, mit geöffneten Türen und Blick auf die Bäume, wusste ich: Das ist mein erstes mobiles Zuhause. Kein Ort zum Ankommen für immer – aber einer, um mich selbst wieder in Bewegung zu bringen.

„Der Van war klein. Aber er trug mich weit.“

Mit dem Fahrrad unterwegs in Neuseeland
Ein Moment unterwegs – Fahrradpause mit Aussicht und Zeit

Drei Tage Teilzeitjob, vier Tage unterwegs – mein Wochenrhythmus

Den Teilzeitjob hatte ich schon länger. Es war nicht genug, um mir ein eigenes Haus zu leisten – aber genug, um unabhängig zu sein. Ich arbeite im administrativen Bereich bei einer Landschaftsarchitekturfirma. Strukturiert, zuverlässig, überschaubar – und genau richtig, um mir Freiraum zu schaffen.

Die freie Zeit nutzte ich – ganz bewusst. Ich ging mit meinem Boogieboard ins Meer, ließ mich treiben, lachte mit den Wellen. Ich machte Touren mit dem Fahrrad, nahm mir Kaffee mit und manchmal einfach nur Zeit. Ich hatte ein Jahresabonnement für zwei Kinos, die Arthouse- und Festivalfilme zeigten. Kaffee, Nüsse, besondere Filme, oft in halbleeren Sälen – es war herrlich.

Dieses Abo gab es leider nur zwei Jahre lang. Aber ich habe es gelebt, als gäbe es kein Morgen – und vielleicht war genau das das Schöne daran.

„Drei Tage arbeiten, vier Tage leben – das war mein neues Gleichgewicht.“

Mit 15 bis 20 Stunden Arbeit durch die Woche

Ich habe in meinen Zwanzigern siebeneinhalb Jahre Freiwilligenarbeit gemacht – eine Zeit, die mich geprägt hat. Ich habe damals gelernt, mit wenig auszukommen. Und dieses Wissen ist geblieben.

Essen. Kleidung. Ein Dach über dem Kopf – oder eben ein Van mit Blick ins Grüne. Die Natur spüren. Dankbar sein. Und echte Begegnungen mit Menschen, die berühren. Ich glaube, genau das macht mein Leben aus.

Ich habe nicht auf Luxus verzichtet, sondern auf Dinge, die ich nicht mehr gebraucht habe. Und dafür etwas gefunden, das sich nicht kaufen lässt: Zeit. Weite. Und ein Gefühl von genug.

Schlafen, duschen, kochen – Vanlife ganz praktisch

In Christchurch ist das Übernachten im Van erstaunlich unkompliziert – fast überall außerhalb der Innenstadt oder einzelner Strandabschnitte ist es erlaubt. Das City Council stellt sogar eine Karte zur Verfügung, auf der die Ausnahmen genau vermerkt sind.

Wenn ich unterwegs war, habe ich jeweils die regionalen Regeln für „Freedom Camping“ geprüft – jede Gegend in Neuseeland hat da ihre eigenen Bestimmungen. Mit etwas Vorbereitung lässt sich das gut planen.

Ich wurde Mitglied bei der NZMCA (New Zealand Motor Caravan Association). Eine Entscheidung, die sich gelohnt hat: Über das ganze Land verteilt gibt es wunderschöne, ruhige Plätze, auf denen man für den Preis eines Kaffees übernachten kann – oft mitten in der Natur, manchmal mit Blick aufs Wasser, fast immer mit einem Gefühl von „hier darf ich sein“.

Mein Van hatte eine einfache Kochstelle, und wenn das Wetter mitspielte, wurde draußen gekocht. Duschen? Die fand ich überall: in Schwimmbädern, auf Campingplätzen, beim Tischtennis, im Fitnessstudio – und sogar bei der Arbeit. Mit der Zeit entsteht ein kleines Netz aus Orten, an denen man sich zu Hause fühlt, auch wenn man unterwegs ist.

Was ich unterwegs über mich selbst gelernt habe

Die Welt ist sehr laut. Nicht nur für die äußeren Ohren – auch für die inneren. Überall ruft, blinkt, schreit es: Kauf dies, werde das, sei mehr, sei besser. Schon lange habe ich diesen Stimmen nicht mehr geglaubt.

Draußen im Van wurde es stiller. Und aus der Stille kam etwas anderes: ein inneres Hinhören. Ich lernte, meinen eigenen Rhythmus wieder zu spüren. Zu merken, wann ich Ruhe brauchte. Wann Bewegung. Wann Begegnung.

Nach einigen Monaten im ersten Van merkte ich: An Regentagen wird es schnell feucht – Klamotten zu trocknen war oft ein Kampf. Also hielt ich Ausschau nach etwas mehr Raum. Und ich fand ihn – meinen zweiten Van. Ein bisschen größer, immer noch schlicht, aber mit genug Platz, um nicht nur zu schlafen, sondern auch zu leben.

Mit Van in Neuseeland
Mein zweiter Van – mit Platz zum Durchatmen und für das Motorrad

Im Februar 2021 machte ich dann meinen Motorradführerschein – einfach, weil es auf meiner inneren Liste stand. Ein paar Monate später, als ich die Gegend um Christchurch gut kannte, fand ich eine Möglichkeit, das Motorrad im Van mitzunehmen. Ich fuhr los, irgendwohin – stellte den Van ab – und erkundete mit dem Motorrad die Berge, Täler und stillen Straßen.

Diese Touren waren oft fast meditativ: stundenlang unterwegs, allein mit dem Wind, den Gerüchen der Landschaft, dem Summen des Motors und der eigenen Präsenz. Manchmal brauchte das Motorrad Benzin – und ich einen Kaffee, ein Frühstück, ein Gespräch. Dann ging es weiter.

Mit dem Motorrad durch Neuseeland
Auf zwei Rädern in die Berge – die Straße allein, der Kopf ganz leer

Das Besondere an dieser Zeit war das tiefe Gefühl, wirklich da zu sein – im Moment, in der Bewegung, in der Natur. Ich sah Pflanzen, Steine, Tiere. Und ich fühlte mich nicht außen vor, sondern mittendrin. Als Teil von allem.

„Die Natur braucht keine Erklärung. Sie reicht sich selbst – und reicht mir.“

Fazit: Teilzeit zu arbeiten bedeutete, mir selbst wieder Raum zu geben

Ich habe nie geplant, in einem Van zu leben oder mit 15 bis 20 Stunden Arbeit über die Runden zu kommen. Aber manchmal wächst aus Umbruch eine neue Klarheit.

Drei Tage in der Woche zu arbeiten bedeutete, an den anderen vier Tagen atmen zu können. Zeit zu haben. Mich zu bewegen – außen wie innen. Der Van war klein, aber er trug mich weit. Und je weniger ich hatte, desto mehr spürte ich, was wirklich trägt: Stille. Natur. Eigenzeit.

Teilzeit zu arbeiten, war für mich kein Rückschritt. Es war ein Aufbruch. In ein Leben, das näher an mir war als alles zuvor.

Teilzeit arbeiten in Neuseeland
Stillstehen, stillwerden – irgendwo in Neuseeland

Häufig gestellte Fragen zu Teilzeit arbeiten in Neuseeland

Kann man mit 15–20 Stunden Arbeit wirklich in Neuseeland leben?

Es kommt auf den Lebensstil an. Wer reduziert lebt – wie ich im Van, mit wenigen Fixkosten – kann mit einem Teilzeitgehalt auskommen. Es braucht etwas Planung, aber es ist möglich.

Wie finde ich Teilzeitjobs in Neuseeland ohne Beziehungen?

Ich habe meinen Job ganz klassisch über eine Stellenanzeige gefunden. Viele Teilzeitstellen werden im Gesundheits-, Einzelhandels- oder Servicebereich angeboten. Webseiten wie Seek, TradeMe Jobs oder auch Aushänge in lokalen Supermärkten oder Cafés können hilfreich sein.

Ist das Leben im Van in Neuseeland erlaubt und sicher?

Ja, mit gewissen Regeln. In vielen Regionen gibt es ausgewiesene „self-contained“-Plätze, auf denen man legal übernachten darf. Es lohnt sich, lokale Apps oder Karten zu nutzen. Ich persönlich habe mich meistens sicher gefühlt – besonders in der Natur oder auf kleinen Campingplätzen.

Was brauche ich für diesen Lebensstil – praktisch und mental?

Praktisch: ein zuverlässiger Van, eine gute Isolierung, einfache Kochmöglichkeit, ein Gefühl für Wetter und Weg. Mental: Offenheit, Gelassenheit und die Bereitschaft, mit wenig auszukommen – aber viel zu gewinnen.

Über die Gastautorin

Manu lebt in Neuseeland, arbeitet Teilzeit – und entdeckt gerade neue Wege, ohne dabei unterwegs zu sein. Ihr Reiseblog Urlaub-im-Blick.de ist noch jung und entstand aus einem ihrer aktuellen Kurse. Früher lebte sie zeitweise im Van und auf dem Motorrad, heute nimmt sie sich Zeit zum Lernen, Schreiben und Weiterdenken. Reduziert leben, in die Tiefe gehen, und das Wesentliche nicht aus dem Blick verlieren – darum geht es ihr, im Alltag wie im Blog.

Alle Bilder mit freundlicher Genehmigung von Manu von Urlaub im Blick.

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